Diese Seite ist der Hochdruckpumpspeicheranlage der ehemaligen Baumwollspinnerei Gminder in Neckartenzlingen gewidmet. Von 1885 bis 1964 besaß die Baumwollspinnerei Ulrich Gminder einen Produktionsbetrieb in Neckartenzlingen. In den Jahren 1913/14 hat die Firma Gminder am Standort Neckartenzlingen eine Hochdruckpumpspeicheranlage gebaut, welche die "erste industriell-praktische Pumpspeicheranlage in Deutschland" (STZ 1956) war. Baubeginn war im Jahr 1913 und Anfang August 1914 wurde die Anlage in Betrieb genommen. Initiator der Anlage war Dr. h.c. Emil Gminder, einer der Geschäftsführer der Ulrich Gminder GmbH. Die Planung oblag Prof. Robert Thomann, der zum damaligen Zeitpunkt den Lehrstuhl für Wasserkraftmaschinen- und Anlagen an der TH Stuttgart innehatte. In einem Beitrag für die Zeitschrift des Vereins deutscher Ingenieure hat Prof. Thomann im Jahr 1916 über das Projekt berichtet (THOMANN 1916, s. Seite Literatur & Links). Alle hier gemachten Zahlenangaben zur Pumpspeicheranlage wurden dieser Quelle entnommen. Zur besseren zeitlichen Einordnung der Inbetriebnahme der Anlage: Am 1. August 1914 war die Mobilmachung des Deutschen Reiches für den 1. Weltkrieg. 

"Die Spinnerei Neckartenzlingen ... besitzt eine Wasserkraftanlage, welche den größten Teil der dort benötigten Energie liefert. Das Gefälle des Neckars von 4,40 m wird in Neckartenzlingen von drei Turbinen, zwei Francis-Turbinen und einer erst im Jahr 1935 eingebauten Kaplan-Turbine, ausgenützt. Auch in den Betriebspausen (mittags, nachts und Sonntags) laufen diese Turbinen und treiben zwei Pumpen an, welche Wasser aus dem Neckar in den 125 m höher gelegenen Speicher beim Dorf Altenriet befördern. Dieser Speicher faßt 17 500 Kubikmeter Wasser. Das durch die 900 m lange Rohrleitung zurückströmende Wasser treibt eine Hochdruckturbine an und ergibt während der Arbeitszeit eine zusätzliche Antriebskraft von 600 PS" (DER LANGE EMIL 1937, S. 4f.). In den frühen Jahren wurden für die Pumpspeicheranlage auch die Bezeichnungen Akkumulierungswerk (GEA 1913), Akkumulierwerk (THOMANN 1916) oder Wasserschaukel (NTZ 1971) verwendet. Im Jahr 1997 wurde das Speicherbecken zurückgebaut und hat einem Wohngebiet Platz gemacht.
 

Liste der ersten Pumpspeicherwerke Deutschlands (zum Vergrößern auf das jeweilige Bild klicken)

1908 Heidenheim an der Brenz: Das erste Pumpspeicherwerk Deutschlands wurde von der Firma Voith im Jahr 1908 in Betrieb genommen. Bei dieser Anlage handelte es sich um eine Versuchsanlage zum Testen von Wasserturbinen. Friedrich Voith hat in einem 1909 veröffentlichten Buch ausführlich über das Vorhaben berichtet (VOITH 1909). Die Anlage lag in unmittelbarer Nähe zum Firmengelände in Heidenheim an der Brenz. Der Hochbehälter lag auf dem Heidenheimer Schlossberg und das Testgelände befand sich knapp 100 m tiefer auf dem Gebiet der Brunnenmühle. Auf der Seite Pumpspeicherkraftwerke der Firma Voith wird über diese Versuchsanlage berichtet. Die gesamte Anlage (Hochbecken, Turbinen, Generatoren, Pumpen) steht heute unter Denkmalschutz (HYPOWER 2014). Die Lage des ehemaligen Speicherbeckens in Google Maps.



1914 Neckartenzlingen: Die Anlage der Firma Gminder war die erste Pumpspeicheranlage Deutschlands, die zum alleinigen Zweck der Stromerzeugung errichtet wurde. Die Lage des ehemaligen Speicherbeckens in Google Maps.  
1921 Fridingen an der Donau: Das Speicherbecken befand sich auf der Bergnase Gansnest, rund 170 Höhenmeter oberhalb des Fridinger Kraftwerks. Die Anlage wurde mangels Rentabilität im Jahr 1960 zurückgebaut, (HERMANN 2005, S.32). Im Jahr 2013 war das Hochbecken bereits stark zugewachsen. Die Lage des ehemaligen Speicherbeckens in Google Maps.  
1923 Tübingen: Das Speicherbecken befand sich auf dem Österberg und die Turbinen waren im 125 m tiefer gelegenen Turbinenhaus des Neckarwerks untergebracht (PETERSMANN 2002, S. 73). 1945 wurde das Speicherbecken bei einem Bombenangriff schwer beschädigt und danach nicht wieder aufgebaut. Die Lage des ehemaligen Speicherbeckens in Google Maps.  
1926 Kirchentellinsfurt: Das Kraftwerk liegt im Tal des Neckars und das Speicherbecken befindet sich im Ortsteil Einsiedel. Der Höhenunterschied zwischen Kraftwerk und Speicherbecken beträgt 130 m. Seit November 2011 "ist das Kirchentellinsfurter Pumpspeicherkraftwerk nur noch einmal im Monat in Betrieb, um es in Schuss zu halten" (GEA 2012). Die Lage des Speicherbeckens in Google Maps.